Haapsalu

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Der ursprüngliche Grund für die Reise nach Haapsalu

Ein weiteres Ziel in Estland war die Stadt Haapsalu. Kurz vor unserem Abflug ins Baltikum haben wir uns vorher noch das Buch von Tilmann Bünz „Wo die Ostsee Westsee heißt“ gekauft, in welchem der Autor auf einer Fahrradtour durchs Baltikum Land und Leute besser kennengelernt hat. In diesem Buch wurde die Stadt Haapsalu mit der Illustratorin Ilon Wikland in Verbindung verbracht – die Frau, die die Zeichnungen von Astrid Lindgrens Geschichten gemalt hatte. Sie hat dort ihre Kindheit verbracht und es soll einige Überschneidungen zu ihren Illustrationen geben. Da meine Kindheit voller Geschichten von Astrid Lindgren war und ich somit auch die Zeichnungen noch gut in Erinnerung habe, war Haapsalu daher ein eher kindheits-emotionales Reiseziel.

Unsere Unterkunft in Haapsalu

Haapsalu liegt im Westen von Estland und ist mit dem Bus so ca. 2 Stunden von Tallinn entfernt. Wir hatten ein Zimmer in einem kleinen Guesthouse gebucht, das ca. 1,8km von der Bushaltestelle (heißt auf estnisch übrigens „Bussijaam“) entfernt lag. Wir spazierten nach unserer Ankunft also dorthin und der Weg ging zunächst an stillgelegten Gleisen vorbei, quer über ein Feld und an einer Wohnsiedlung vorbei und dann noch einmal mitten durch ein Waldstück durch. Ich hatte für den Weg dahin Googlemaps benutzt, wir waren aber wirklich oft verwundert, dass dieser Weg tatsächlich offiziell ist und vorgeschlagen wurde. Wir kamen aber problemlos im Guesthouse an, wo uns der schon etwas ältere, aber ganz lieber Besitzer empfing. Er konnte auch ein bisschen Deutsch (zumindest die paar Worte, um uns unser Zimmer mit Balkon zu zeigen).

Im Guesthouse wohnten zu der Zeit noch ein Finne nigerianischen Ursprungs, sein Sohn und ein Kumpel des Vaters. Als wir uns ein Kaffee kochten, sprach er uns direkt an und erzählte uns seine ganze Lebensgeschichte. Offenbar kommt er jedes 2. Wochenende her um seinen Sohn zu sehen, der bei der Mutter lebt. Er möchte englisch mit dem Jungen sprechen und sein Kumpel ist als Übersetzer dabei. Die Kombination der drei ist also sehr regelmäßig in diesem Guesthouse anzutreffen. Wir erzählten ihm ein bisschen von unsrer bisherigen Reise und ließen uns Tipps zu Haapsalu geben.

Der alte Bahnhof in Haapsalu

Wie uns der Host des Guesthouses erklärte und wie wir später auch nachlesen konnten, lassen sich die stillgelegten Schienen damit erklären, dass Haapsalu früher bei den russischen Zaren als Erholungsort beliebt war. Dadurch wurde die Stadt ziemlich reich und auch der große Bahnhof mit einem sehr langen überdachten Bahnsteig (216m) wurde für die reichen Gäste extra errichtet. Im Jahr 1904 hielt dort der erste Personenzug – 91 Jahre später der letzte. Der Bahnhof und die Gleisen wurde stillgelegt. Inzwischen ist im alten Bahnhofsgebäude ein kleines Museum und man kann die alten Züge auf den Gleisen besichtigen. Toll war für uns, dass man auf die alten Züge ohne Probleme klettern konnte. Dabei sind diese Bilder entstanden:

Ehrliche Finder in Haapsalu

Doch es sind nicht nur die alten Züge, die uns in Erinnerung bleiben werden. Am ersten Tag liefen wir von unserem Guesthouse in die Stadt und wollten vor den Erkundungen in der Stadt noch einen kleinen Snack haben. Dafür gingen wir in einen Supermarkt in einem kleinen Einkaufszentrum, kauften uns Kleinigkeiten für auf die Hand und Tomek beschloss, noch kurz ein bisschen Bargeld abzuheben. Wir setzten uns in einen nahegelegenen Park und aßen unser Essen. Da ich mal wieder etwas langsamer aß als Tomek, holte er sein Handy heraus und stellte überraschend fest, dass er eine neue Freundschaftsanfrage bei facebook hat – von jemandem aus Haapsalu! Komisch, wir kannten ihn nicht und er hatte auch keine gemeinsamen Kontakte mit Tomek. Ich schimpfte ein bisschen darüber, dass durch unsre Smartphones und Apps, die wir benutzen, jeder einfach immer weiß, wo wir gerade sind und Tomek packte sein Handy wieder ein. Doch kurze Zeit später kam mir ein anderer Gedanke, warum die Person ihn bei facebook gesucht haben könnte. „Sag mal, hast du alle deine Wertsachen bei dir? Hast du deinen Geldbeutel?“ – Tomek öffnete seinen Geldbeutel und richtig: Seine Kreditkarte, mit der er vorher noch Geld abgehoben hatte, war nicht mehr da. Er muss sie im Geldautomaten vergessen haben! Schnell liefen wir zurück zum Einkaufszentrum und gingen zur Fastfood-Kette „Hesburger“, die direkt neben dem Geldautomaten eine Filiale hatte. Und tatsächlich, da stand der Kerl von facebook und gab Tomek seine Kreditkarte zurück! Jemand hatte sie dort abgegeben. Wir waren so dankbar! Was hatten wir für ein Glück und wie ehrlich war dieser Mensch bitte? Wir hätten wahrscheinlich erst viel später bemerkt, dass Tomeks Karte fehlt, weil er ja eben vorher Bargeld abgehoben hatte.

Weitere Erlebnisse in Haapsalu

Wir waren zwei Nächte in Haapsalu und hatten daher genug Zeit, um uns die kleine Stadt genauer anzuschauen. Auf dem Weg zum Haus von Ilon Wikland liefen wir durch die Innenstadt und besichtigten die Bischofsburg, die im 13. Jahrhundert gegründet wurde.

Anschließend spazierten wir weiter durch die Stadt, ich muss aber ehrlich gestehen, dass mit der „Ilon-Wikland-Flair“ schon irgendwie gefehlt hat. Vielleicht hatte ich einfach aufgrund des Buches zu hohe Erwartungen, aber an das Örtchen Bullerbü von Astrid Lindgren erinnerte mich gar nichts. Aber das macht nichts, denn die Stadt an sich gefiel mir auch richtig gut. Das Haus von Ilon Wikland ist als kleines Spieleparadies aufgebaut, uns war der Eintrittspreis aber zu hoch und ich denke, dass es wahrscheinlich auch besser für Eltern mit Kinder geeignet ist. Stattdessen gingen wir in die „Jaanii Kirik“ – Johanniskirche, die ganz klein und unscheinbar aussah. Beim Betreten gab uns eine ältere Dame Informationsblätter und wir konnten einiges über die Geschichte der Kirche lesen. Sie war sichtlich begeistert davon, dass wir nicht einfach nur schnell reingingen, ein Foto machten und wieder rausliefen und nahm sich richtig viel Zeit, uns alles genaustens zu erklären. Anschließend gingen wir noch ein bisschen am Wasser spazieren.

Haapsalu war unsere letzte Station in Estland und wir fuhren weiter nach Polen.

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