Eine abenteuerliche Anreise nach Stettin
Von Danzig fuhren wir mit dem Zug nach Stettin, was ungefähr 5,5 Stunden dauerte. Es war eine Fahrt, an die ich mich wahrscheinlich noch sehr lange erinnern werde. Alles fing sehr harmlos an mit zwei bequemen Sitzplätzen, Proviant und Getränken für die Fahrt und weil man bei so einer Fahrtdauer auch mal irgendwann pinkeln muss, lief ich vor zur nächsten Zugtoilette. Der Zug war gerade an einem Bahnhof angekommen und stand am Bahngleis. Wie sich alle vorstellen können, ist die Zugtoilette wirklich kein schöner Ort zum Verweilen und so wollte ich auch schnellstmöglich raus. Doch als ich die Tür öffnen wollte, merkte ich, dass dies nicht funktionierte. Der Schlüssel ließ sich problemlos umdrehen und das Schloss sich dementsprechend auch öffnen, aber die Tür ging nach innen auf und dort wo man normalerweise eine Klinke hat, war der Griff ab. Mir ist das blöderweise beim hereingehen nicht aufgefallen, da die Tür offen stand und ich sie einfach von innen zugedrückt habe. Nun stand ich da und in mir machte sich urplötzlich die Panik breit. Ich hatte auch kein Handy dabei, um Tomek Bescheid zu geben, der im Wagen auf unseren Plätzen saß. Also fing ich an, an die Tür zu klopfen und „Hallo?“ zu rufen. Ich bekam immer mehr Panik und fürchtete, der Zug fährt gleich los und man hört mich nicht klopfen, dass ich ganz panisch mit beiden Händen an die Wand hämmerte. Wie ich später erfuhr, konnte man sogar das erste Klopfen schon deutlich im Wagon hören. Tomek dachte im ersten Moment nicht, dass ich es bin, denn sonst hätte ich ihm sicher per Handy schon geschrieben. Als er aber in meine Tasche sah, in der das Handy lag und ich zwischenzeitlich immer lauter rief, kam er sofort zum Klo gelaufen! Auch er bekam die Tür nicht auf, denn die Klinke war auch von der anderen Seite der Tür abmontiert. Er versicherte mir, dass er einen Schaffner sucht und redete mir noch gut zu, ich solle mich beruhigen und mir keine Sorgen machen. Ich mein, er hatte auch vollkommen recht, ich war in keiner Notlage. Ich war einfach nur im Klo eingesperrt. Dann fuhr der Zug los und ich konnte aufgrund der lauten Geräusche auf den Schienen nichts mehr von vor der Tür hören. Aber gefühlt kamen die Wände immer näher, es wurde mir alles plötzlich zu eng und ich versuchte, mein Gesicht so nah wie möglich zum offenen Fenster zu halten, um genug Luft zu bekommen. Ich hatte vorher noch nie eine Panikattacke, aber jetzt glaube ich, dass es sich so ähnlich wohl anfühlen muss. Eine halbe Ewigkeit später (ich glaube, es waren vielleicht so 5 Minuten) merkte ich, wie jemand an der Tür rüttelte und kurze Zeit darauf öffnete sich die Tür!! Der Schaffner hatte auch keinen passenden Schlüssel, konnte aber mit einer 5-Zloty-Münze das Gewinde der eigentlichen Klinke umdrehen und mich somit befreien. Ich total fertig, aber umso glücklicher, dass ich noch befreit wurde.
Ganz viel Zeit mit der Familie
Nach diesem kurzen Schreckmoment kamen wir aber unversehrt in Stettin an und fuhren mit dem Bus in die Wohnsiedlung, in der Tomeks Opa lebt. Bei ihm wohnten wir für die Zeit in Stettin. Wir wurden sehr herzlich von ihm begrüßt und hatten eine wunderschöne Zeit zusammen. Doch auch weitere Verwandten von Tomek wohnen in Stettin und wir verbrachten ganz viel Zeit mit allen (v.a. am Essenstisch), erzählten von unseren Erlebnissen und nahmen mit Sicherheit alle Kilos wieder zu, die wir während den letzten 2 Monaten verloren haben. Da wir beide schon vorher in Stettin waren (Tomek natürlich schon öfter als ich), haben wir dieses Mal nicht so viel von der Stadt gesehen.
Der schiefe Wald in Stettin
Einen kleinen Ausflug haben wir aber gemacht – zum krummen Wald, dem „Krzywy Las“, wo ca. 90 Bäume auf ganz mysteriöse Weise alle krumm wachsen. Es gibt viele Theorien, warum das wohl so passiert ist – gelöst wurde das Rätsel aber noch nicht.
Nach fast einem Monat in Polen verließen wir das Nachbarland wieder in Richtung Deutschland, um dort noch auf eine Hochzeit von zwei sehr guten Freunden von uns zu gehen. Die Zeit mit Tomeks Familie war ein wirklich schöner Abschluss der Reise durch Polen. Unsere Erfahrungen zur Einreise nach Deutschland und den damit verbundenen Corona-Test haben wir noch einmal separat in einem weiteren Beitrag festgehalten.